Rückerstattungsansprüche von Veranstaltern bei Absage des Events wegen des Coronavirus

Veranstalter in der Entertainment-Branche, deren Veranstaltungen coronabedingt abgesagt wurden, haben momentan an zwei Fronten zu kämpfen. Einerseits sehen sie sich einer Vielzahl von möglichen Rückerstattungsansprüchen von Verbrauchern ausgesetzt, weil Veranstaltungen wie Konzerte, Festivals, Bühnenshows, etc. auf Grund von öffentlichen Veranstaltungsverboten abgesagt werden mussten bzw. wegen fehlender Verlegungsmöglichkeiten zukünftig nicht mehr stattfinden können (siehe unten 1.).

Andererseits sind örtliche Veranstalter in der Entertainment-Branche im Verhältnis zu internationalen Veranstaltern oder Tourneeveranstaltern erheblich in Vorleistung gegangen. Es ist insbesondere bei großen Unterhaltungsveranstaltungen üblich, dass örtliche Veranstalter einen erheblichen Teil der Erlöse aus dem Ticketvorverkauf Wochen oder Monate im Voraus an ihre Vertragspartner abführen. In diesem Zusammenhang stellt sich für örtliche Veranstalter die Frage, ob ihnen eigene Rückerstattungsansprüche gegen ihre Vertragspartner zustehen (siehe unten 2.).

Rückerstattungsansprüche der örtlichen Veranstalter sind denkbar. Sie setzen jedoch eine Prüfung der Sach- und Rechtslage voraus (siehe unten 3.).

1. Rückerstattungsansprüche der Verbraucher

Im Hinblick auf das erste Problem (Rückerstattungsansprüche der Verbraucher) hat die Bundesregierung am 08.04.2020 zu Gunsten von Veranstaltern beschlossen, dass statt einer Rückerstattung des Ticketkaufpreises zukünftig auch das Ausstellen von Gutscheinen zulässig ist, wenn das Ticket für die Veranstaltung vor dem 08.03.2020 gekauft wurde (siehe hier:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/gutscheinloesung-kulturbranche-1740010). Wird der Gutschein vom Verbraucher nicht bis Ende 2021 eingelöst, muss der Veranstalter allerdings den Kaufpreis für das Ticket zurückerstatten.

Die neue Regelung soll vermeiden, dass Veranstalter im Kulturbereich auf Grund von massenhaften Rückerstattungsansprüchen der Ticketkäufer Insolvenz anmelden müssen. Die Regelung verschafft den Veranstaltern zunächst Zeit. Sie beseitigt jedoch nicht das für Veranstalter bestehende Problem von möglicherweise existenzbedrohenden Rückerstattungspflichten. Umso wichtiger ist für örtliche Veranstalter deshalb die Frage, ob ihnen selbst Rückerstattungsansprüche gegen ihre Vertragspartner in der Veranstalterkette zustehen (siehe nachfolgend 2.).

2. Rückerstattungsansprüche der Veranstalter gegen ihre Vertragspartner wegen Vorausleistungen

Können örtliche Veranstalter ihrerseits Rückerstattungsansprüche gegen ihre Vertragspartner geltend machen, die bereits Vorausleistungen erhalten haben? Zu den Vorausleistungen zählen vor allem bereits geleistete Vorauszahlungen auf Grund von Ticketvorverkäufen.

Aus rechtlicher Sicht kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Rückabwicklung der Vertragsverhältnisse in der gesamten Veranstaltungskette (örtlicher Veranstalter, übergeordneter Veranstalter, Tourneeveranstalter, Booker/Agent, Produzent) erfolgt, wenn Verbraucher Rückerstattungsansprüche gegen den örtlichen Veranstalter geltend machen. Die Beantwortung der Frage, ob der örtliche Veranstalter Rückerstattungsansprüche in Bezug auf Vorausleistungen gegen seine Vertragspartner geltend machen kann, ist insbesondere von der jeweils vereinbarten vertraglichen Regelung abhängig.

Es gibt vertragliche Konstellationen, die dem örtlichen Veranstalter das Risiko des Ausfalls (auch bei Naturkatastrophen oder Epidemien) vollständig auferlegen. Wurde eine solche Regelung vertraglich vereinbart, ist jedoch fraglich, ob sie wegen einer unangemessenen Benachteiligung rechtlich wirksam ist. Ist die Regelung unwirksam, kommen Rückerstattungsansprüche in Betracht.

Legt der Vertrag dem örtlichen Veranstalter nicht eindeutig das Ausfallsrisiko auf, können dem örtlichen Veranstalter erst recht Rückerstattungsansprüche wegen Unmöglichkeit zustehen.

Bei Verträgen im internationalen Kontext (z.B. Vertrag mit einem internationalen Konzert- oder Tourneeveranstalter) sind weitere Fragen zu prüfen, insbesondere welches Recht im Streitfall Anwendung findet und wo ein ggf. zu führender Rechtsstreit zu führen ist.

3. Prüfung der Ansprüche der Veranstalter

Örtliche Veranstalter sollten prüfen zu lassen, inwieweit ihnen Rückerstattungsansprüche zustehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Rückerstattungsansprüche nicht grundsätzlich wegen des Vorliegens „höherer Gewalt“ ausgeschlossen sind. Es ist vielmehr erforderlich, den jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Die rechtliche Zulässigkeit von pauschalen Regelungen, die dem örtlichen Veranstalter unabhängig von den Umständen des Einzelfalls das vollständige Ausfallrisiko auch bei außergewöhnlichen Umständen (z.B. Pandemien) auferlegen, ist zweifelhaft. Das gilt insbesondere für Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Vor dem Hintergrund, dass in den nächsten Wochen und Monaten möglicherweise eine Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen zu diesem Thema droht, ist den betroffenen Veranstaltern zu raten, ihre möglichen Ansprüche möglichst frühzeitig prüfen zu lassen, da Insolvenzrisiken in der Unterhaltungsindustrie in der Zukunft steigen werden.

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