Das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ – Ein Überblick zu den wichtigen Neuerungen der UWG-Reform 2020

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Mit Wirkung zum 02.12.2020 ist das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ und damit die in Fachkreisen lang erwartete und kontrovers diskutierte Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Ziel des Gesetzentwurfs ist es insbesondere, einer – angeblich weit verbreiteten – missbräuchlichen Rechtsdurchsetzung unter Mitbewerbern, Einhalt zu gebieten. Die mit der Reform verbundenen (Rechts-)Änderungen bewirken jedenfalls, dass auch (redliche) Unternehmen, die ihre Mitbewerber aus berechtigten Motiven zur Einhaltung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen bewegen wollen, bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsdurchsetzung sorgsam vorgehen und ggf. rechtskundigen Rat einholen müssen. Auch Abmahnungen von Mitbewerbern sollten genau auf die Einhaltung der neuen Erfordernisse bzw. auf ihre Rechtsmissbräuchlichkeit geprüft werden.

Folgende Neuerungen der UWG-Reform 2020 sind hervorzuheben:

1. Formerfordernisse für Abmahnungen / Ausschluss der Kostenerstattung

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen müssen künftig bestimmten Formerfordernissen entsprechen. Insbesondere muss die Abmahnung folgende Angaben klar und verständlich enthalten:

  • die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung, d.h. insbesondere die Mitbewerbereigenschaft;
  • eine konkrete Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs, falls ein solcher geltend gemacht wird;
  • sofern zutreffend, die Angabe des Ausschlusses eines Kostenerstattungsanspruches.

Erfüllt eine Abmahnung diese Voraussetzungen nicht, sind bereits deshalb Ansprüche des Abmahnenden auf Kostenerstattung ausgeschlossen; dies gilt auch, wenn die Abmahnung im Übrigen berechtigt ist. Ferner steht dem Abgemahnten nach neuer Rechtslage bereits deshalb ein Kostenerstattungsanspruch für die eigene Rechtsverteidigung zu. Auf die Unlauterkeit des in der Abmahnung beanstandeten Verhaltens kommt es nicht an.

2. Vollständiger Ausschluss der Kostenerstattung für Mitbewerberabmahnungen

Grundsätzlich galt bislang, dass dem Abmahnenden im Falle einer berechtigten Abmahnung Kostenerstattungsansprüche gegenüber dem Abgemahnten zustehen. Nach neuer Rechtslage ist die Kostenerstattung für Mitbewerber bei der Abmahnung bestimmter Verstöße ausgeschlossen. Konkret geht es um folgende Bereiche:

  • Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und auf Telemedien (z. B. auf Webseiten, Online-Shops, Plattform- und Social-Media-Profilen);
  • Verstöße im Bereich Datenschutz (DSGVO, BDSG), sofern der Rechtsverletzer in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt.

Dem Gesetzgeber ist zuzustimmen, dass es sich bei den vorstehenden (Internet-)Verstößen wohl um den Bereich handeln dürfte, in welchem ein etwaiger „Abmahnmissbrauch“ am weitesten verbreitet sein dürfte. Dennoch ist zu kritisieren, dass die „Lösung“ des Gesetzgebers darin liegt, die Rechtsdurchsetzung von sämtlichen, d. h. auch redlichen Mitbewerbern, pauschal einzuschränken. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei den gegenständlichen Kennzeichnungspflichten teils um wesentliche verbraucherschützende Vorschriften handelt, deren Nichtbeachtung nicht nur mit erheblichen Risiken für den (Rechts-)Verkehr, sondern ggf. auch mit wirtschaftlichen Vorteilen des unlauter handelnden Mitbewerbers verbunden ist.

3. Ausschluss und Begrenzung von Vertragsstrafen für bestimmte Bereiche

Veränderungen bringt die Reform auch hinsichtlich der Regelung von Vertragsstrafen. Diese werden zum Teil ausgeschlossen und zum Teil begrenzt.

Werden erstmalige Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder gegen das Datenschutzrecht (s.o.) abgemahnt und beschäftigt der Abgemahnte in der Regel 100 Mitarbeiter oder weniger, kann eine Vertragsstrafe nicht vereinbart werden.

Im Übrigen ist die Höhe möglicher Vertragsstrafen auf EUR 1.000,00 begrenzt, wenn:

  • der Verstoß angesichts seiner Art, seines Ausmaßes und seiner Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt, und
  • der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

4. Neuregelungen zur Missbräuchlichen Rechtsdurchsetzung

Von der Rechtsprechung entwickelte Indizien für eine missbräuchliche Rechtdurchsetzung, welche zur Unwirksamkeit von Abmahnungen sowie zur Unzulässigkeit von Klagen führen können, sind nunmehr gesetzlich verankert. Diese Neuerung ist zu begrüßen.

Folgende Umstände könnten für eine missbräuchliche Abmahnung und dafür, die Abmahnung abzuwehren, sprechen:

  • Die vorgeschlagene bzw. geforderte Unterlassungsverpflichtungen geht offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus;
  • Es wird ein unangemessen hohes Vertragsstrafenversprechen gefordert;
  • Der angesetzte Gegenstandswert ist unangemessen hoch;
  • Mehrere Zuwiderhandlungen eines oder mehrerer, zusammenhängender Rechtsverletzer werden getrennt abgemahnt;
  • Die Geltendmachung der Ansprüche dient vorwiegend dazu, Kostenerstattungsansprüche und Vertragsstrafenzahlungen zu generieren.

In diesen Fällen ist die Abmahnung unzulässig. Zudem besteht nach neuem Recht in diesen Fällen ein Anspruch des Abgemahnten auf Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten.

5. (Teil-)Aufhebung des „fliegenden“ Gerichtsstands

Wettbewerbsrechtliche Rechtsverletzungen im Internet konnte man bisher am „Deliktsort“ gerichtlich geltend machen. Dieser „fliegende“ Gerichtsstand ist zukünftig in wesentlichen Teilbereichen abgeschafft. In Folgenden Fällen ist nunmehr das Niederlassungsgericht des Rechtsverletzers (allein) zuständig:

  • Verfahren betreffend Verstöße im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien (Internetseiten, Social-Media, E-Commerce);
  • Verfahren, welche durch Anspruchsberechtigte, die keine Mitbewerber sind (z.B. Unternehmens- und Verbraucherverbände), angestrengt werden, unabhängig von der Natur des streitgegenständlichen Rechtsverstoßes.

Ob die Reform des UWG ihr Ziel, Abmahnmissbrauch zu „bekämpfen“ ohne Kollateralschäden – gerade für redliche kleine und mittelständische Unternehmen – gewährleisten kann, wird sich zeigen müssen. Die mit der Reform verbundenen (Rechts-)Änderungen bewirken jedenfalls, das auch (redliche) Unternehmen, die ihre Mitbewerber aus berechtigten Motiven zur Einhaltung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen bewegen wollen, bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsdurchsetzung von vornherein besonders sorgsam vorgehen müssen, um ihre Rechte zu wahren bzw. um nicht auf Kosten „sitzen“ zu bleiben.

Auf der anderen Seite sind Abmahnungen von Mitbewerbern zukünftig umso genauer auf ihre Rechtsmissbräuchlichkeit zu prüfen. Ein genauer Blick kann sich umso mehr lohnen.

Bei Fragen zu den neuen Anforderungen der wettbewerbsrechtlichen Rechtsdurchsetzung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Daniel Mayer

Rechtsanwalt

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